"Dem hochgelahrten und geistlichen Herrn Martin Luther Lehrer der heiligen Schrift, Augustiner Ordens zu Wittenberg, meinen besonderen lieben Herrn und Freunde.
Mein unbekannter Dienst und Freundschaft zuvor, hochgelahrter, besonder, Lieber Herr und Freund!

Mich hat angelangt von vielen Personen, die dennoch auch gelahrt und der Lernung angehängt haben, dass euer Lehre und Meinung auf die heilige, göttliche Schrift gegründet sein soll, dagegen doch abgünstige und neidische Personen, belästigt mit Geizigkeit, welche zu Abgötterei dienstlich ist, zuwider haben sollet. Und wiewohl ihr euer Wohlmeinung unterlasset und untergebet, durch ein gemein christenlich Berufung und sonst unverdächtiger, verständiger frommer Männer Recht sprechen scheiden zu lassen, sollet ihr doch darüber Gefahr eures Leibes gewarten, und geursacht werden, euch zu frembden Nation und besondern zu den Behmen zu thun, die da geistlicher, eigengewaltiger Zwäng nicht hoch achten.
Ich bitte aber und ermahne euch in Gott dem Herrn: obgleich churfürstenlich, fürstenlich oder ander Obrigkeit sich euer äussern, eher und lieber eigengewaltig, geistlich Zwäng wider euch ungehorsamlich leben wollten, dass ihr auch solch Abweichen und Abfallen nicht bekümmern lassen, noch zu den Böhmen begeben wollet, bei denen etliche Hochgelahrte in Vorzeiten merkliche Verweise und Aergerung erlangt, und also Ungnade gehäuft und gemehrt haben.
Denn ich und sonst, meines Versehens, hundert vom Adel, die ich ( ob Gott will !) aufbringen will, euch redlich zu halten und gegen euern Widerwärtigen vor Gefahr schützen wollen, so lang bis eure Wohlmeinung durch gemeine christenliche Berufung und Versammlung oder unverdächtige, verständige Rechtsprecher unwidertrieben und unwiderlegt, und ihr besser unterricht würdet, wie ihr euch aus vorigem Grund der Submission selbst gefriedet habet. Das Alles hab ich euch getan, als dem ich mit unbekannten Diensten und Freundschaft gewilliget bin, nicht zu bergen noch unverkündet lassen wollen sich deshalb zu getrösten.

Datum Montag nach Corporis Christo anno 1520
Siluester von Schaumberg zu Munerstadt

 

 

 

Luthers Reaktion darauf in einem Brief an Spalatin vom 10.Juli 1520

 

Ich schicke den Brief des fränkischen Ritters Silvester von Schaumberg mit. Wenn es nicht beschwerlich ist, möchte ich gern, daß der in dem Brief des Fürsten an den Kardinal Riario mit erwähnt wird. Sie sollen wissen, daß sie, wenn sie mich auch mit ihren Bannflüchen aus Wittenberg vertrieben, nichts weiter ausrichteten, als daß sie die Sache noch schlimmer machten. Es gibt jetzt nämlich nicht bloß in Böhmen, sondern auch mitten in Deutschland Leute, die den Vertriebenen wider ihren Willen gegen alle ihre Blitze schützen können und wollen. Es besteht die Gefahr, ich könnte, sicher durch diese Beschützer, grimmiger gegen die Romanisten wüten, als wenn ich unter des Fürsten Herrschaft im öffentlichen Lehramte stritte. Das wird ohne Zweifel geschehen, wenn Gott nicht wehrt. Auf den Fürsten aber Rücksicht nehmen, wie ich bisher in vielen Dingen Rücksicht genommen habe, auch wenn ich gereizt worden war, wird dann sicher nicht mehr nötig sein. Daher sollen sie wissen, daß das, was ich ihnen noch nicht zugefügt, nicht meiner Bescheidenheit, noch ihrer Tyrannei oder Verdiensten, sondern dem Namen und dem Einfluß des Fürsten, dann auch dem allgemeinem Interesse der Studierenden in Wittenberg zu danken ist.
Nachdem nun einmal die Würfel gefallen sind, wird das Wüten und die Gunst Roms von mir ganz verachtet. Ich will mit Ihnen nicht versöhnt werden noch in Ewigkeit mit ihnen Gemeinschaft haben. Sie mögen das Meine verdammen und verbrennen. Ich werde dagegen, wenn ich irgend Feuer haben kann das ganze päpstliche Recht verdammen und öffentlich verbrennen, d.h. den ganzen Pfuhl von Ketzereien, und die bisher vergeblich erwiesene Demut wird ein Ende haben, mit der sich die Feinde des Evangeliums nicht länger aufblasen sollen.

                                                                                                                                  Martin Luther